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Die Pfarrkirche St. Peter und Paul

Ganz gleich von welcher Seite man sich dem Ort Winhöring nähert, es ist immer der Turm der Pfarrkirche mit seinen gotischen Treppengiebeln, der einen schon von weitem grüßt. Besonders wenn man von Norden, vom Holzland kommt, beeindruckt die mächtige Kirche am Rande des Abhangs, der steil aus dem Isental aufsteigt.

Die Pfarrkirche war der Mittelpunkt, das Dorf hat sich wie in ihrem Schutz um sie herum entwickelt. Die Verstorbenen wurden im Gottesacker rund um die Kirche zur letzten Ruhe gebettet. Bei jedem Gottesdienstbesuch ging man ans Grab und betete ein Vaterunser für sie.

In früheren Jahrhunderten war der Kirchenvorplatz der allgemeine Treffpunkt für alle Pfarrangehörigen, nicht nur zum Kirchgang.

Die erste Kirche – eine Eigenkirche der Gutsherrschaft?

Wann die erste Kirche erbaut wurde, kann man nur vermuten.

Es dürfte die Zeit der Missionierung durch den hl. Rupert und seine Mönche gewesen sein, also um das Jahr 700. Diese Missionierung ging von Salzburg aus, worauf die spätere Zugehörigkeit zur Erzdiözese Salzburg beruht. Das Peter und Paul-Patrozinium deutet ebenfalls auf eine sehr frühe Entstehung hin. Man könnte es mit der Zeit, als Winhöring in Papstbesitz war, also vom 8. Jh. bis 1014, in Verbindung bringen.

Man kann davon ausgehen, dass zur Zeit der Agilofingerherzöge im 7. und 8. Jh. Winhöring ein herrschaftlicher Besitz war. Die erste Kirche war wohl eine Eigenkirche der Gutsherrschaft. Sie war vom Grundherrn errichtet worden, der auch das Recht zur Einsetzung eines Geistlichen hatte. Offenbar hatte die Kirche auch Taufrecht und Sepultur (Beerdigungsrecht). Die Herrschaftsgrenzen dürften auch die Pfarrgrenzen gewesen sein.

Vermutungen über die Bauzeit der romanischen Kirche

Die Bauzeit der romanischen Kirche ist nicht überliefert, sie fällt aber möglicherweise schon ins 11. Jh.2. Nach den gewaltigen alten Kirchenteilen, die in der gotischen Nachfolgekirche nach 1450 verwendet wurden, könnte diese Kirche eine Wehr- und Fluchtkirche gewesen sein. Das 11. Jh. wird als eine relativ ruhige Zeit beschrieben. Dagegen war im 10. Jh. durch die Ungarneinfälle eine Zeit des Schreckens, weshalb der Kirchenbau schon in dieser Zeit denkbar wäre. Die Mauerstärke der alten Kirche von 1,15 m (zum Vergleich: die heutigen Außenmauern sind 80 cm stark) und die mächtigen Turmfundamente lassen die Vermutung einer Schutzfunktion als Wehr- oder Fluchtkirche zu. Die Kirche war der einzige aus Stein errichtete Bau, die Bevölkerung lebte in einfachen Behausungen aus Holz. In höchster Not konnten die Menschen sich in die Kirche retten.

Bis hierher fehlen allerdings sichere Beweise. Alte Urkunden, wenn es solche denn früher überhaupt gegeben hat, sind nach Auskunft von Dekan Hohenester bei Kriegsende 1945 abhanden gekommen.

Sicher ausgehen können wir aber von einer romanischen Kirche im 12. Jh. Denn beim Teilabbruch dieser Kirche aus Tuffsteinquadern um 1450 bis 1475 wurden Bauteile in der neuen gotischen Kirche erhalten. So stehen die zwei Pfeilerreihen des Kirchenschiffes auf den Fundamenten der alten Längsmauern. Die gesamte westliche Giebelmauer wurde in das neue Bauwerk einbezogen, ebenso ein Teil des Turms.

Zwei Relikte aus alter Zeit: Der „Turmhocker“ und der „wilde Mann“

An der Südseite des Turms ist auf halber Höhe die Figur eines steinernen Männleins eingemauert, in seltsamer Hockstellung, die Arme auf die Knie gestützt. Der große runde Kopf mit dem langen Spitzbart passt nicht so recht zum Körper. Die Figur stammt wie das Mauerwerk aus dem 12. Jahrhundert.

Was ist das für ein Männlein?
Eine eindeutige Erklärung gibt es nicht. Hatten solche „Turmhocker“ im Hoch mittelalter etwa die Aufgabe, böse Geister und unheimliche Gestalten vom Gotteshaus fernzuhalten?

Oder ist es gar ein keltisches Götterbild, das hier mit einbezogen wurde?

Auch als Überbleibsel einer germanischen Gottheit, dem Jahrgott der Wintersonnenwende, wurde die Steinfigur schon gedeutet.

Zu einfach erscheint dagegen die Erklärung, die ein späterer Pfarrer dazu aufgeschrieben hat: Der Erbauer der Kirche ruht sich von seiner Arbeit aus.

Oder können wir das Männlein den „wilden Leuten“ zuordnen, die „ruhelos die Randbezirke der menschlichen Gesellschaft durchstreifen, unerlöst ...“? In der Legende des hl. Chrysostomus ist die Rede von Jägern, die einen „wilden Mann“ gefangen hatten und ihn unter unsäglichen Mühen sprechen und beten lehrten. Da man der Wildleute so gut wie nie habhaft werden konnte, versuchte man sie durch die bildliche Darstellung zu erlösen und ihnen so einen sicheren Platz im geweihten Raum zuzuweisen.

Auch neben dem Eingang zur Sakristei an der Südseite der Kirche ist ein aus Sandstein roh gemeißelter Kopf eingemauert, der„wilde Mann“, wie er in Winhöring genannt
wird. Er stammt gleichfalls aus dem 12. Jh. Nach der damaligen Auffassung wurde in diesem Gesicht einem aus der Gemeinschaft Ausgestoßenen eine Heimstatt in der Außenmauer der Kirche gegeben. Das Gesicht verkörpert hier die Seele.

Winhöring bekommt eine gotische Kirche

In der Spätgotik wurden landauf landab mit geradezu fieberhaftem Eifer Kirchen gebaut. Auch die Winhöringer wollten nicht zurückstehen. Die romanische Kirche wird wohl auch mit der zunehmenden Bevölkerung zu klein geworden sein. Bis auf wenige Mauern musste das bisherige einem größeren, „modernen“ Gotteshaus weichen.

Die heute bestehende Pfarrkirche wurde zwischen 1450 und 1482 im gotischen Stil erbaut und im Jahr der Fertigstellung vom Suffraganbischof (dem Erzbischof untergeordnet) von Chiemsee, Georg Altdorfer, geweiht. Hinter den Verzierungen des rechten Seitenaltars ist in gotischen Ziffern die Jahreszahl 1482 an die Wand gemalt. Am Taufstein aus rotem Marmor beim linken Seitenaltar ist die Jahreszahl 1485 zu lesen. Wie viele Winhöringer Kinder mögen wohl in diesem Taufbecken im Laufe der Jahrhunderte getauft worden sein?

Die spitzbogigen Klangarkaden, das steile Satteldach und die Treppengiebel sind markante Merkmale des gotischen oberen Turmteils der Pfarrkirche. Sie ist eine gotische dreischiffige Hallenkirche mit einem hohen Dach, bedingt durch das überhöhte Mittelschiff, das sich im kurzen, dreiseitig geschlossenen Altarraum fortsetzt, der außen drei Streben hat. Der Plan soll von Jörg Perger stammen, ausgeführt wurde er aber von einem anderen Bauherrn.

An den Seitenwänden wurden bei der Renovierung in den vergangenen Jahrzehnten gotische Malereien freigelegt, florale Elemente und Rechteckfelder mit gemalten Maßwerkformen (geometrischen Ornamenten) wurden ergänzt. Es ist wahrscheinlich, dass das Kircheninnere ehemals völlig ausgemalt war.

An der Emporenbrüstung sind zwei gotische Figuren (um 1520) zu sehen, die angeblich aus der Werkstatt des Meisters von Rabenden stammen, aber eher der Werkstatt des Hans Leinberger zuzuschreiben sind: der hl. Antonius der Einsiedler mit Glocke, Buch und Schwein und der hl. Johannes der Täufer mit Buch und Lamm. Die gekrönte Madonna über dem Hauptportal ist ebenfalls spätgotisch.

Die gotische „Seelenkapelle“

Die „Seelenkapelle“, ein kleiner gotischer Bau aus dem 15. Jh., wurde zur gleichen Zeit errichtet wie die Pfarrkirche. Sie war eine Totenkapelle. Bis 1703 war sie die Grablege für die Winhöringer Pfarrherrn und Hofmark-Würdenträger. Später wurde sie als Beinhaus genutzt.

Während der letzten Zeit des Baus der Kirche war der Vikar Johann Auerstorffer, Vikar des Domkapitels Bamberg in der Propstei Winhöring, hier tätig. Einige Jahre nach der Fertigstellung, 1490, starb er und wurde als erster in der Kapelle beerdigt. Der Grabstein befindet sich in der Kapelle hinter einer Gedenktafel für gefallene Krieger.

Der ursprünglich hier vorhandene Grabstein von Pfarrer Joh. Bapt. Stuedler, Pfarrer in Winhöring von 1685 bis 1703, dem letzten hier Beerdigten, ist vermutlich beim Umbau der Kapelle verschwunden. 

Über dem Fenster der Seelenkapelle ist die Grabplatte des ehemaligen „Törringschen Richters zu Winhöring“, Johann Pogner, eingemauert. Sie trägt die Jahreszahl 1593.

„Den 5. tag Monats may Anno 93 Starb der Ernuesst Johanneß pogner Gewester Töringerischer richter Zu Winhering und Anna Ennglschellin sein Schwiger so Baidte in einem grab Ligen denen gott genedig sein wolle“

Anm.: ernuessst richter: der ernste = rechtschaffene Richter, Schwiger: wohl Schwiegermutter

Der Kircheninnenraum wird in der Barockzeit umgestaltet

In der Mitte des 18. Jh. erhielt die Kirche eine dem Zeitgeschmack entsprechende Rokoko- Ausstattung, die sich harmonisch in den Kirchenraum einfügt. Aus dem reich mit Figuren und Gemälden ausgestatteten Kircheninneren sollen hier nur einzelne ausgewählt werden. Eine detaillierte Beschreibung liegt in der Pfarrkirche auf.

Die Bildhauerarbeiten des Hochaltars (errichtet zwischen 1761 und 1767) stammen von Johann Georg Kapfer aus Trostberg, die Schreinerarbeiten wurden von Benedikt Gessler aus Winhöring ausgeführt.

Das Hochaltarbild, das Jesus mit der Samariterin am Jakobsbrunnen zeigt, trägt die Jahreszahl 1764. Nach einem Monogramm wird es (mit Vorbehalt) dem Münchner Hofmaler Franz Ignaz Öfele zugeschrieben. Das Motiv des Altarbildes ist höchst selten, es stellt einen Ausschnitt aus dem Evangelium dar. Seine Entstehung fällt in die Amtszeit von Pfarrer Johann Georg Holzmann (1743 – 1777).

Im Hochaltarauszug sieht man unter einem Baldachin eine Mariendarstellung vom Typus „Maria vom Siege“, Maria als apokalyptische Frau mit Zepter und Christus, der mit dem Kreuz eine Schlange tötet.

Zu beiden Seiten des Altars auf dem Gesims über den vier Säulen sitzen zwei Putten. Der linke hält die Tiara (dreistöckige Papstkrone) und den Hirtenstab als Hinweis auf den Apostel Petrus, der rechte eine Sonne mit dem Schriftzug IHS. Saulus wurde bekanntlich durch einen Lichtblitz (symbolisiert durch die Sonne), der ihn vom Pferd schleuderte, zum Paulus bekehrt.

Links und rechts neben dem Tabernakel sehen wir die beiden Kirchenpatrone, den hl. Petrus mit dem Schlüssel und den hl. Paulus mit Schwert und Evangelienbuch.

Zusammen mit den beiden Putten bilden sie einen Hinweis auf das päpstliche Patrimonium.

Das Gemälde am nördlichen Nebenaltar, Maria, Anna und Joachim, ist Joh. Bapt. Rabenstainer aus Neuötting zuzuschreiben und trägt die Jahreszahl 1748.

Aus der Barockzeit stammen auch die zierlichen Heiligenfiguren an den Säulen, die hl. Notburga mit der Sichel, der hl. Michael mit Flammenschwert und Waage, der hl. Sebastian und der hl. Johannes Nepomuk mit Kreuz, Palmzweig und Strahlenkranz über dem Haupt.

Der „Papstaltar“ wird zum Volksaltar

Die Winhöringer Kirche hatte das Glück, ein ganz besonderes Schmuckstück als Volksaltar zu bekommen.

Er wurde von Leopold Hafner anlässlich des Papstbesuches von Johannes Paul II. 1980 in Altötting entworfen und in der Kunstgießerei Strehle in Eisenfelden aus Bronze gegossen. Er diente dem Papst als Altartisch und wurde dann der Pfarrei Winhöring von der Diözese Passau und der Familie Strehle zum Geschenk gemacht.

Die vier Teile des Altarfußes, die beim Papstbesuch die Altarplatte getragen hatten, wurden zu einem Fuß zusammengefügt.

Die ovale Altarplatte und der Sockel sind aus Rotmarmor, der aus Bronze gegossene Fuß ist mit Trauben und Granatäpfeln verziert.

Das Bronzepult des Ambo, ebenfalls von Hafner, stellt einen Adler dar, das Symbol des Evangelisten Johannes.

Zum feierlichen Abschluss der Kirchenrenovierung wurde der „Papstaltar“ durch den Passauer Diözesanbischof Dr. Antonius Hofmann geweiht. Die Reliquienkapsel des Märtyrers Valentin wurde in das Reliquiengrab des Altartisches versenkt. Der Bildhauer Leopold Hafner mauerte es anschließend zu.

Der feierliche Höhepunkt der Kirchenrenovierung war im November 1980 die Weihe der neuen Orgel der Firma Weise aus Plattling mit 1202 Pfeifen bei zwei Manualen und Pedal, die auf 19 Register verteilt sind.

Die Glocken, beiden Weltkriegen zum Opfer gefallen und 1948/49 wieder ersetzt, rufen wie immer zu den Gottesdiensten und verkünden an Weihnachten die Geburt Christi und an Ostern die Auferstehung. Ohne das wunderschöne Geläut – das könnte sich kein Winhöringer vorstellen.

Der alte Friedhof und die Friedhofsmauer

Bis 1892 bestand rund um die Kirche der Friedhof. Er war aber schließlich zu klein geworden und wurde daher nach Feldkirchen verlegt.

An drei Außenseiten der Kirche und an der alten Friedhofsmauer sind einige Gedenktafeln mit teilweise noch lesbaren Inschriften erhalten.

Im Winter 2012 stürzte ein Teil der nördlichen Friedhofsmauer den steilen Abhang hinun- ter. Das Fehlen eines festen Fundaments und der durch den anhaltenden Regen aufgeweichte Boden waren die Auslöser. 2014 wurde sie wieder aufgebaut.

Pfarrkirche St. Peter u. Paul (Foto: Edwin Meinitz)
Grabplatte für Johann Pogner, 1593 (Foto: Edmund Schriefer)
Der „Turmhocker“ (Foto: Dr. Ernst Deubelli)
Altarbild (Ausschnitt) „Die Samariterin am Jakobsbrunnen“ von F.I. Öfele (Foto: Georg Moser)
Der „wilde Mann“ neben dem Eingang zur Sakristei (Foto: Edwin Meinitz)
Einweihung des Papstaltars, links Prälat Eduard Hohenester, Mitte Bischof Antonius Hof- mann, rechts Prälat Josef Hohenester (Foto: aus Album Karola Kleiner)
„Seelenkapelle“, jetzt Kriegergedächt- niskapelle mit Kriegerdenkmal (Foto: Georg Moser)

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