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Mit dem Bau der Eisenbahn 1870/71 beginnt für Winhöring eine neue Epoche

Im Laufe der Jahrhunderte hatte sich vieles geändert, nur bei der Überwindung von Entfernungen hatte sich nicht viel getan. Zu Fuß, zu Pferde oder mit der Postkutsche – das war alles sehr zeitaufwendig und führte dazu, dass der Horizont der Menschen auf dem Lande nicht weit über den Tellerrand hinausreichte.

Die Nachricht von den dampfbetriebenen Eisenbahnen, die mit gefährlichem Tempo Städte miteinander verbanden, war zunächst mit viel Misstrauen, schließlich aber doch mit Bewunderung aufgenommen worden.

Der lang gehegte Wunschtraum nach einer schnellen Verbindung unseres Raumes mit München sollte sich erfüllen. Am 24. September 1863 beschloss der Bayerische Landtag:

„Es soll eine Eisenbahn von München in gerader Linie nach Osten, also auf dem kürzesten Wege über Ötting an die österreichische Grenze gebaut werden, und zwar nach Simbach- Braunau.“ Von dort sollte sie künftig weiterführen bis Wien.

Am 05. Oktober 1863 wurde ein Beschluss verabschiedet, in dem Mühldorf als Bahnstation vorgesehen war. Der Inn, damals ein noch nicht regulierter Fluss, der besonders bei Hochwasser viel Raum beanspruchte, stellte eine Herausforderung dar. Die Mündung der Isen in den Inn wurde weiter nach Westen zur Ortschaft Kronberg verlegt. So war das Gelände bei Eisenfelden, die „Isenfelder“, nicht mehr hochwassergefährdet.

Es sollte die wirtschaftlichste und verkehrspolitisch günstigste Streckenführung ausgewählt werden.

Natürlich war für eine alte Handelsstadt wie Neuötting die Anbindung lebenswichtig. Vorschläge, Bitten und Petitionen von Bürgerkomitees galt es zu prüfen, die nicht berücksichtigten Orte und Gemeinden erhoben Einspruch, und so verzögerte sich die Entscheidung, wie die Bahnlinie von München an die Grenze führen sollte.

Für Neuötting kam nur die Trasse am linken Innufer in Frage. Nur so konnte man sie ohne Brücke von Mühldorf aus weiterführen. Die zweite Variante über Altötting nach Simbach- Braunau hätte zwei zusätzliche Innbrücken notwendig gemacht und wurde daher aus Kostengründen verworfen.

Außerdem konnten sich Altötting und Neuötting nicht über die Lage eines Bahnhofs einigen.

Von wem wohl die Geschichte stammt, dass die Eisenbahnstrecke auf Wunsch der Neuöttinger Geschäftsleute auf das Nordufer der Isen verlegt werden musste, um die Neuöttinger davon abzuhalten, künftig nach München (oder Mühldorf) zum Einkaufen zu fahren?

Eine schnelle Entscheidung war also auch damals, vor 150 Jahren, schon nicht möglich, wollte man allen Wünschen gerecht werden.

So dauerte es bis zum Jahr 1868, bis endlich mit dem Bau begonnen werden konnte. Aber dann wurde die Fertigstellung durch politische Ereignisse verzögert. Der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71 hatte viele Bauarbeiter zum Kriegsdienst weggeholt. Im weiteren Verlauf des Krieges wurden französische Kriegsgefangene für die Bauarbeiten eingesetzt.

Am 01. Mai 1871 konnte die Teilstrecke München-Neuötting feierlich dem Verkehr übergeben werden, der Abschnitt Neuötting-Simbach wurde einen Monat später eingeweiht.

Die Streckenführung am linken Innufer hatte zur Folge, dass Winhöring an der Bahnstrecke lag. Zudem musste der Neuöttinger Bahnhof, weil er dort in der kürzesten Entfernung von Neuötting lag, auf der linken Innseite im Winhöringer Gemeindeteil Eisenfelden gebaut werden. Diesem Gemeindeteil gab man von diesem Zeitpunkt an den Namen Winhöring, „Ortsteil Bahnhof Neuötting“.

Die weite Entfernung des Bahnhofs von der Stadt erwies sich mit der Zeit doch als recht nachteilig. So kam es 1906 zum Bau einer Dampfstraßenbahn, dem „Bockerl“, vom Bahnhof Neuötting in die Stadt und weiter nach Altötting, insgesamt 5,1 km. Ihre letzte Fahrt fand am 31. März 1930 statt, die Gleise blieben noch bis in die Sechzigerjahre erhalten.

Interessant sind noch ein paar Details.

Zu Beginn waren täglich zwei Zugpaare eingesetzt, die für die 97 km von München nach Neuötting vier Stunden benötigten. Die erzielte Reisegeschwindigkeit von etwa 25 km/h war ein großer verkehrstechnischer Fortschritt. Man konnte am Morgen nach München fahren und am Abend des gleichen Tages wieder zurück.

In den ersten Jahren erhöhte sich die Zahl der Züge auf vier in jeder Richtung. Die Fahrzeit für einen „Postzug“ (so hießen damals die normalen Reisezüge wohl in Anlehnung an die Postkutschen), der in München-Ost, damals noch „Haidhauser Bahnhof“, abfuhr, erreichte jetzt Simbach schon nach gut dreieinhalb Stunden.

1878 schließlich wurde die durchgehende Verbindung über Linz nach Wien hergestellt. Die Strecke erlangte eine gewisse internationale Bedeutung, als der berühmte Orient-Ex- preß Paris-Wien-Istanbul zwischen 1883 und 1897 die München-Simbacher Route fuhr. Bei uns hielt er allerdings nicht.

Erst ab 1898 befuhr er die Strecke von München über Salzburg nach Wien.

1878, schon kurz nach der Eröffnung der durchgehenden Bahnstrecke reiste ein illustrer Gast in einem Sonderzug von München nach Wien: die Kaiserin Elisabeth („Sisi“) von Österreich, angekündigt durch einen Sonderfahrplan: „Reise Ihrer Majestät der Kaiserin von Österreich“. Für die Eisenbahner an der Strecke war das sicher ein besonders aufregender Arbeitstag. Und an Schaulustigen, die dem vorbeifahrenden Zug zuwinkten, dürfte es auch ganz sicher nicht gemangelt haben.

 

Bahnhof Neuötting in Eisenfelden von Nordwesten, um 1875 (Foto: privat, „Oettinger Land“ 1982)
Sommer-Fahrplan der Eisenbahnzüge auf der Route München-Wien vom 01. Juni 1874 (Foto: privat, „Oettinger Land“ 1982)
Bahnhof Neuötting, im Hintergrund Unterholzner Burg, nach 1905 (Foto: privat)

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